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Kategorie: Nachrichten
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Ich wache schweißgebadet auf, verschlafen. Heute spielen wir in Leck, müssen mitten in der Nacht los, und natürlich noch früher aufstehen. Meine Mitspieler kenne ich nur teilweise, wir spielen heute nur mit Ersatzleuten, und mir. Nee, ohne mich... habe ja völlig verschlafen. Es geht schon auf halb 5 zu, und da sind die anderen längst unterwegs.

Furchtbare Schuldgefühle übermannen mich, und ich werde wach. Merke dann, dass ich das da eben zum Glück nur geträumt habe. Mann Mann Mann, wir spielen doch heute gar nicht gegen Leck. Tja, gegen wen denn sonst? Neumünster? Heide? Ich weiß es nicht mehr. Wann muss ich denn nun aufstehen? Keine Ahnung... doch verschlafen? Nun werde ich aber doch und vermutlich wirklich wach und stelle fest: nicht verschlafen (es ist zwar nicht vier, aber doch immerhin noch vor sieben Uhr), wir spielen natürlich gegen Leck. In Leck wohlgemerkt. Ich Dummerle... Und ich kenne auch meine Mitspieler, allesamt. Okay okay, von der ersten Mannschaft sind insgesamt nur vier zugegen (Cliff, Sören, Sven und ich), dazu stoßen Rolf und Pit, denen ich hier nochmals besonders danken möchte. Das Unterfangen ist von geringen Erfolgsaussuchten durchwoben: unser Gegner ist Tabellenführer, und wird recht sicher aufsteigen. Wir dagegen sind doch in der Tabelle etwas abgerutscht. Mehr als die Hälfte unserer Mannschaft hatte schon vor Wochen abgesagt für diesen Spieltag, auch die Ersatzspieler waren fast vollständig verhindert. Dass wir in Leck einen Mannschaftspunkt holen könnten, war nahezu ausgeschlossen, aber wer weiß, wie es um die Thematik Brettpunkte bestellt sein wird. Das eine Auto bewegt sich über Rendsburg, wo Cliff abgeholt werden muss, über die Oststrecke, wir nehmen die Westtangente. Nicht viel los sonntags um die Uhrzeit, aber die Strecke Heide - Husum hat es doch in sich. Schneeverwehungen führen zu unregelmäßigen Eisformationen auf der Fahrbahn, aufgrund des Ostwindes ist es natürlich hauptsächlich auf unserer Straßenseite. Dennoch kommen wir vor unseren Kollegen im anderen Auto an.

Unser Gegner Leck wartet mit perfekten Bedingungen auf. Das Spiel in einer Turnhalle hat schon Stil, das Catering ist perfekt. Der Mannschaftsführer Harald Eis, der auch 1.Vorsitzender ist, spielt nicht selbst, kümmert sich aber um alles abseits der Bretter - vorbildlich.

Prien, T - Ruhland, C, Svane, H - Koch, S, Homuth, K - Meyerhold, S, Kramer, S - Gloyer, H, Nommensen, J - Hengst, E, Gömer, H - Skrypkin, A, Wiesensee, M - Cymbalista, P und Meinke, D - Meier, R steht auf einer Tafel, wobei das Hengst mehr Schwierigkeiten (Hongst?) bereitete als das Entziffern der Namen meiner Mitspieler an Brett sechs und sieben. Was da so harmlos aussah, war eine höchst unfaire Angelegenheit. Auf der einen Seite ganze Rudel wilder und bis an die Zähne bewaffneter Nordfriesen und furchtloser Dänen, die sich auch noch einer Amazone verstärkten, auf der anderen Seite ein zusammengewürfelter Haufen aus dem fernen Steinburg, durch die lange Anreise geschwächt, vor Kälte zitternd...

Und los. 2:0 beim Anpfiff, meine Nebenleute Hauke und Alexey glänzten durch Abwesenheit. Ein Däne und ein hünenhafter Nordfriese hatten ihr Tagwerk erledigt.

Aber der Rest unserer Truppe stand ganz gut, auch die beiden Ersatzspieler. Gut, man muss sich nicht freiwillig einen Doppelisolani verpletten lassen, aber das gibt dann ja auch gleich mehrere halboffene Linien für die ganzen Türme. Aber sonst? Okay. Um 11 Uhr jedenfalls war immer noch das meiste im Lot - vom Zwischenstand abgesehen.

Cliff hatte sich vorbereitet, upps. Das kann für seinen Gegner brenzlig werden. Es kam genau die vorbereitete Variante aufs Brett; ich hatte diese im blitzen auch schon mehrfach gegen Cliff. Man meint, dass man gut steht, aber so recht ist der weißen Stellung nicht bei zu kommen. Thore Prien hatte recht mutig in den Rachen des Löwen gegriffen und wäre eines Bauern verlustig geworden (bzw. hätte ihn geopfert), übersah dann aber einen Konter und verlor eine ganze Figur. Sein König stand im Zentrum, aber Kompensation für die Figur war auch in der Retroanalyse nicht auszumachen. Sören stand super solide in einer üblichen Eröffnung, mit beiderseits recht klar umrissenen strategischen Plänen.

An Svens Brett wurde munter geblitzt - auch hier kamen anfangs Autopiloten zum Einsatz. Sven hatte mehr Raum, und auch eine etwas offensivere Aufstellung, aber sein Gegner stand felsenfest, und würde absolut sicher zu Gegenspiel bei entgegengesetzten Rochaden kommen. Ich fühlte mich ganz wohl in meiner Partie. Mein Gegner kam dann mit einem für mich überraschenden Springermanöver, worauf ich im Zentrum vor ging.

Pit und Rolf mühten sich redlich gegen ihre deutlich überlegenen Gegner; das war beides brauchbar.

An meinem Brett tauchte am Horizont das Endspiel schlechter Läufer (von mir) gegen guten Springer auf, und ich bot remis an. So recht war mir nicht klar, wie ich das Endspiel vermeiden sollte. Doch dann sah ich es (zu spät): ich stand etwas angenehmer im Mittelspiel. Das sah mein Gegner auch so und nahm das remis-Angebot an. 2,5:0,5.

Noch während unserer Analyse verließ Sörens Gegner den Turniersaal. Er hatte seine Stellung eigenwillig behandelt (nicht unbedingt schlecht), dann aber völlig überzogen. Sören brachte ein Figurenopfer, das fast unmittelbar gewann. Sören hat das extrem trocken gespielt, und im richtigen Moment zugeschlagen.   2,5:1,5.

Cliffs Gegner brachte ein zweites Figurenopfer, um den Schwung zu behalten. Auch dieses nahm Cliff an, und rochierte künstlich. Die schwarze Dame fand zwar noch einen Platz auf Cliffs Grundreihe, aber der tauschte einfach einen Turm über die zweite Reihe ab. Das reichte, sein Gegner gab auf. Tolle Leistung von Cliff, wieder mal. 2,5:2,5.

Und bei diesem Spielstad wurde die Begegnung zwischen dem MTV Leck und dem Itzehoer Schachverein abgebrochen. Endstand 1:1 Mannschaftspunkte, aufgerundet 4:4 Brettpunkte. Verdammt, ich träume schon wieder...

Svens Gegner kam tatsächlich rasch und mächtig zum Angriff gegen Svens Rochadestellung. Sven stand zwar ordentlich im Zentrum und war auch im Besitz der einzigen offenen Linie, sein Gegner kam dann aber mit einem Angriff über den anderen Flügel zu materiellem Vorteil, wickelte dann sehr hübsch mit einer Kombination, in deren Folge alle Schwerfiguren das Brett verließen, ab, verschmähte den angegriffenen Springer und brachte einen Bauern zur Dame durch. Eine gute Partie von beiden, verdient mit dem besseren Ende für den Lecker. 3,5:2,5

Rolf opferte eine Figur für einen vermeintlichen Angriff gegen den gegnerischen König, wurde dann aber im Zentrum überspielt und verlor Material. Pit kam zu einem etwas schlechter stehenden Turmendspiel, verlief sich dann mit seinem Turm und musste in einer verlorenes Bauernendspiel einwilligen. Beide haben dennoch ordentlich gespielt. 5,5:2.5

Die Tabelle kann jeder selbst lesen. Wir sind nunmehr Drittletzter, noch einen Punkt vor Husum. In der letzten Runde muss es darum gehen, mit stärkster Besetzung anzutreten und Zählbares einzufahren.

Ich habe auch auf der Fahrt einiges gelernt. Was macht man, wenn man weniger als fünf Meter vor einer scharfen Abbiegung bei etwa Tempo 60 bemerkt, dass man diese hätte ausfahren sollen? Wie ist zu reagieren, wenn man bei deutlich über 200 km/h von einem BMW X4 überholt wird?

Zu den Antworten bitte bis zum Ende des Textes scrollen.

Antworten zu den Fragen im Text. Frage 1: Blinker setzen, in den Rückspiegel schauen, darauf Acht geben, dass sich keine Fußgänger oder Radfahrer im Bereich der Abzweigung befinden, die Bremse betätigen, das Lenkrad einschlagen und in die Kurve einbiegen. Frage 2: Blinker setzen, auf die Überholspur wechseln und den X4 überholen.